Antonia Janssen, 27, arbeitet seit 2014 bei der Spar- und Bauverein eG Dortmund. Nach der Ausbildung zur Immobilienkauffrau hat sie an der EBZ Business School den Bachelor-Studiengang „Real Estate“ absolviert und danach ihr Masterstudium „Real Estate Management“ abgeschlossen. Bei der Spar- und Bauverein eG Dortmund bekleidet sie nun die Stabsstelle Referentin für Portfoliomanagement.
Wie sind Sie in die Wohnungswirtschaft gekommen?
Antonia Janssen: Kurz vor Beendigung meines Abiturs habe ich mir Gedanken gemacht, in welche Richtung ich meine berufliche Laufbahn einschlage. Mir war schnell klar, dass ein Vollzeitstudium für mich zunächst nicht in Frage kommt. Durch ein Praktikum habe ich mich um eine Ausbildungsstelle zur Immobilienkauffrau bei der Spar- und Bauverein eG beworben mit dem Gedanken: „Wohnen müssen die Menschen schließlich immer“. Unmittelbar nach der Ausbildung habe ich das Studium begonnen und parallel im Bereich der kaufmännischen Steuerung und Kontrolle gearbeitet.
War das so geplant?
Janssen: Naja, ich war zu Schulzeiten nicht die fleißigste Schülerin und konnte Sachen gut aufschieben, aber mit dem Einstieg ins Berufsleben bin ich relativ schnell selbstständig und ehrgeizig geworden. Nach der Ausbildung und auch nach dem Bachelor wollte ich mehr. Mit dem Master habe ich noch während der Arbeit an meiner Bachelorarbeit begonnen. Daran hat die Ausbildung an der EBZ Business School einen riesigen Anteil, denn was ich in fünf Jahren an der EBZ Business School am nachhaltigsten gelernt habe, sind Selbstmanagement, Zeitmanagement und Struktur. Das Studium ist nun mal neben der Arbeit eine zusätzliche Belastung und das ist enorm viel wert.
Was sind Ihre Aufgaben im Portfoliomanagement?
Janssen: Ich bin für die Weiterentwicklung des Hausbestandes durch Grundstücks- und Flächenakquise und für die Anwendung und strategische Entwicklung des Portfoliomanagements sowohl auf kaufmännischer als auch auf technischer und energetischer Ebene zuständig. Wir schauen uns im Kontext des Portfoliomanagements jedes einzelne Objekt an und entwickeln entsprechende Strategien, die letztlich unter Berücksichtigung der sich stetig ändernden Rahmenbedingungen eine wichtige Rolle einnehmen. Darüber hinaus begleite ich aber auch Projekte in den Bereichen Innovation, Digitalisierung, Nachhaltigkeit und erneuerbare Energien und beschäftige mich mit Themen der Quartiersentwicklung. Grundsätzlich werden diese Themen für uns als Genossenschaft mit einem großen Bestand zunehmend an Bedeutung gewinnen, zumal wir auch viele Altbauten im Bestand halten, bei denen energetische Fragestellungen eine noch größere Rolle spielen. Mit unseren knapp 12.000 Wohneinheiten kommt uns da eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe zu.
Das Thema stand vermutlich noch nicht so im Fokus als Sie Ihre Ausbildung aufgenommen haben.
Janssen: Grundsätzlich glaube ich, dass die Zeit für uns Portfolio-Manager spielt, weil es durch die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen unglaublich wichtig ist, die Bestände genau zu analysieren und entsprechend strategisch zu entwickeln. Vor zehn Jahren war es vielleicht eher so, dass alles in seinen geregelten Bahnen funktionierte. Als traditionelles und langfristig bestandshaltendes Unternehmen müssen wir uns jedoch den politischen und gesellschaftlichen Herausforderungen stellen und Verantwortung übernehmen.
Was sind die besonderen Herausforderungen?
Janssen: Die ökonomischen und politischen Rahmenbedingungen sind für alle bestandshaltenden Unternehmen die größte Herausforderung. Das Thema begleitet uns alle sehr. Aber auch Themen wie Digitalisierung und Nachhaltigkeit sind wichtig – gerade für uns als Genossenschaft, weil wir da eine besondere Verantwortung tragen. Wir sind eben nicht so renditeorientiert wie kapitalmarktorientierte Unternehmen und haben dadurch glücklicherweise auch die Möglichkeit, Herzensprojekte umzusetzen.
Was macht für Sie die Arbeit bei einer Genossenschaft aus?
Janssen: Es gibt einfach sehr viele Möglichkeiten. Genossenschaften haben eine lang bestehende Tradition. Wir z.B. feiern in diesem Jahr unser 130 jähriges Jubiläum. Aktuell durchleben wir aus meiner Sicht einen Wandel. Für junge Leute ist das eine sehr gute Möglichkeit, sich einzubringen, zu entfalten und Verantwortung zu übernehmen. Letztlich ist dieser Wandel notwendig, damit Genossenschaften lebendig gehalten werden können. Das ist unfassbar spannend. Grundsätzlich werden alle Unternehmen mit den Themen Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Klimaneutralität konfrontiert und müssen sich den Rahmenbedingungen hingeben, allerdings glaube ich, dass man bei einer Genossenschaft einfach ein bisschen mehr Spielraum hat, diese Themen als Herzensangelegenheiten innovativ anzugehen und auch erfolgreich umzusetzen.
Es gibt zahlreiche junge Menschen, die sich für den Klimaschutz einsetzen. Aber die finden nicht ihren Weg in die Wohnungswirtschaft. Warum sollten sie das aber tun?
Janssen: (lacht) Das ist ganz einfach zu beantworten! Wir allein haben nahezu 12.000 Wohnungen in Dortmund. Darin steckt ein riesiges Potenzial, CO2 einzusparen. Als großer Eigentümer und insbesondere mit der genossenschaftlichen Unternehmensausrichtung haben wir gegenüber der Gesellschaft eine enorme Verantwortung. Themen wie die Dekarbonisierung des Hausbestandes, die Nutzung von klimafreundlicher Energie und die Nachhaltigkeit beschäftigen uns natürlich sehr – gerade jemand, der sich fürs Klima engagieren möchte, kann sich hier einbringen, Verantwortung übernehmen und etwas bewegen. Wir gestalten die Zukunft des Wohnens.
Was sagen Sie den jungen Menschen?
Janssen: Wir müssen die Menschen mitnehmen und überzeugen. Als ich meine Ausbildung aufgenommen habe, hatte ich auch noch kein richtiges Bild von der Branche. Aber gerade die Generation, die jetzt auf den Arbeitsmarkt kommt, ist engagiert und interessiert. Diese jungen Leute müssen wir an die Hand nehmen und zeigen, dass sie hier wirklich etwas bewegen können und dass Nachhaltigkeitsprojekte nicht nur gemacht werden, um einen schönen Nachhaltigkeitsbericht schreiben zu können. Wir brauchen Menschen, die das Potential von bestandshaltenden Wohnungsgenossenschaften verstehen und für Innovation, Klimaneutralität im Gebäudebestand und Digitalisierungsthemen brennen – das sind eigentlich genau die Themen, die in aller Munde sind und die ein großes Potential bergen, etwas zu bewegen.
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