Eigentlich wollte Ole van de Moosdijk Handwerker werden. Doch auf Umwegen fand er den Weg in die Wohnungswirtschaft und eine Ausbildungsstelle zum Immobilienkaufmann bei der WSG in Düsseldorf. Doch der Wunsch nach mehr Technik im Berufsleben blieb. Für WSG-Geschäftsführer Hans-Jörg Schmidt ein Glücksfall, denn Ole van de Moosdijk passt genau in das Nachhaltigkeits-Konzept der WSG.
Ole van de Moosdijk wird darum nach seiner Ausbildung den Bachelor-Studiengang "Nachhaltiges Energie- und Immobilienmanagement" bei der EBZ Business School belegen. Um die Finanzierung des Studiums muss er sich Dank der Unterstützung durch das Unternehmen keine Sorgen machen.
Im Interview sprechen Hans-Jörg Schmidt und Ole van de Moosdijk über ihre Beweggründe und darüber, was die Wohnungswirtschaft gegen den Fachkräftemangel tun kann.
Herr van de Moosdijk, wie sind Sie in die Wohnungswirtschaft gekommen?
Ole van de Moosdijk: Das kam über Umwege. Ich komme aus einer handwerklichen Familie und wollte daher eigentlich etwas in dem Bereich machen. Doch viele Betriebe hatten Vorbehalte, weil ich Abitur habe und nach der Ausbildung vielleicht doch lieber studieren könnte. Ein Bekannter hat mich dann auf die Idee mit der Immobilienwirtschaft gebracht.
Was haben Sie in der Ausbildung gelernt?
Van de Moosdijk: Vieles! Vor allem aber, dass die Immobilienwirtschaft viel vielfältiger ist als man gemeinhin denkt. Viele denken an eher an Miethaie und haben negative Klischees im Kopf. Aber so ist es ja nicht. Die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft ist sehr breit aufgestellt und die Themenvielfalt riesig. Das Fach „Bauen“ fand ich sehr spannend.
Sind Sie denn jetzt weg vom Gedanken, handwerklich zu arbeiten?
Van de Moosdijk: Nein. Ich haben nebenher auch bei meinem Vater im Betrieb geholfen und habe schon viele Praktika zum Beispiel als Dachdecker, Elektriker oder Maurer gemacht. Bei der WSG haben wir eine relativ große Technik-Abteilung, in der ich mich während der Ausbildung sehr wohlgefühlt habe. Dadurch kam dann auch die Frage auf, ob ich in der Richtung nicht etwas machen und mit der immobilienkaufmännischen Ausbildung verbinden könnte. Am EBZ bin ich dann auf den Studiengang „Nachhaltiges Energie- und Immobilienmanagement“ gestoßen.
Stabsstelle "Klimapfad" bei der WSG
Herr Schmidt, wie haben Sie reagiert, als Ihr Auszubildender Sie mit der Idee, ein Studium aufzunehmen, konfrontierte?
Hans-Jörg Schmidt: Er hatte ja von Anfang an die Intention, etwas im technischen Bereich zu machen und wir brauchten ihn da gar nicht erst überzeugen. Die Dekarbonisierung hat eine sehr wichtige Rolle bei der WSG eingenommen. Einer unserer Architekten hat sich gerade erst bei der EBZ Akademie zum Nachhaltigkeitsmanager weiterbilden lassen und hat die Leitung unserer neuen Stabsstelle „Klimapfad“ übernommen. Mich hat dann vor allem gefreut, dass Herr van de Moosdijk eigeninitiativ auf uns zugekommen ist, um ein Studium zum Wirtschaftsingenieur beim EBZ zu beginnen. Hier decken sich Unternehmensbedürfnisse mit den Vorstellungen und Wünschen eines jungen Menschen.
Wie ging es dann weiter?
Van de Moosdijk: Ich habe das im Betrieb angesprochen und musste präsentieren, warum ich diesen Studiengang machen soll. Das Studium beinhaltet Jura, Technik und das Kaufmännische. Das wird ein ganz bunter Strauß an Wissen, und genau das interessiert mich.
Schmidt: Erst einmal musste er uns von der Ernsthaftigkeit seiner Pläne überzeugen. Natürlich bin ich dankbar, wenn jemand aus dem eigenen Unternehmen bereit ist, sich weiterzuentwickeln. Wir müssen ganz stark darauf setzen, unsere eigenen Fachkräfte auszubilden. Darum übernehmen wir in diesem Fall auch die kompletten Studiengebühren – allerding gekoppelt an die Vereinbarung, dass Herr van de Moosdijk nach erfolgreichem Studium noch fünf Jahre lang im Unternehmen bleiben muss und dadurch quasi jedes Jahr 20 Prozent der Studiengebühren „abarbeitet”. Natürlich weiß ich, dass ich ihn arbeitsrechtlich nicht daran hindern kann, das Unternehmen zu wechseln, aber ich kann es zumindest an eine Rückzahlungsverpflichtung koppeln. Natürlich hoffe ich aber, ihn möglichst lange im Unternehmen halten zu können.
"Klimapfad im ganzen Unternehmen verankern"
Was denken Sie, welche Inhalte aus dem Studium werden Sie im Betrieb umsetzen können?
Van de Moosdijk: Ich denke, dass der Studiengang genau die Lösungsansätze liefert, um unsere Klimaziele im Bestand und im Neubau erreichen zu können. Das ist auch das, was ich erreichen möchte.
Schmidt: Das ist ein riesiges Zukunftsthema, das wir nicht nebenherlaufen lassen oder als Feigenblatt benutzen können. Wir wollen den Klimapfad im ganzen Unternehmen verankern. Wir können Herrn van de Moosdijk sofort in unserer neuen Stabsstelle einsetzen – nicht nur als Lernender, sondern auch als Impulsgeber. Dadurch, dass er parallel studiert, wird er die Mitarbeiter mit neuen Informationen versorgen können. Denn klar ist, dass wir unsere Strategie ständig anpassen müssen. Sind wir da, wo wir hinwollen? Sind wir auf dem Weg oder müssen wir nachsteuern? Müssen wir eine Pause machen? Das ist ja auch nochmal hoch spannend.
Stehen dann alle Projekte unter dem Vorbehalt eines Nachhaltigkeits-Checks?
Schmidt: Man muss aufpassen, dass der Begriff nicht zur Phrase verkommt. Wir müssen klare ökologische Ziele erreichen, haben aber auch zum Beispiel soziale Themen im Haus, die mit den Klimazielen nicht unbedingt Hand in Hand gehen. Es wird parallele Prioritäten geben, aber natürlich bleibt der Klimapfad ein Schwerpunkt, aber es gibt eben auch ein Dilemma, in dem man sich entscheiden muss, welches Thema Priorität genießt.
Van de Moosdijk: Das Potenzial ist riesig, die Mittel sind vorhanden und die Bereitschaft ist definitv da, um etwas zu bewegen. Ich kenne niemanden in meinem Betrieb oder in meiner Berufsschulklasse, der sagt, wir könnten Klimaziele hintenanstellen. Die Unternehmen nehmen Geld in die Hand und sanieren, von staatlicher Seite gibt es Förderungen, und das Eigeninteresse in der Branche ist groß. Die Wirtschaft ist auch sehr auf ihren Ruf bedacht und sieht das als Zukunftsthema für alle. Ein Großteil der Emissionen entsteht nun mal in Immobilien. Umso wichtiger ist es, dass die Immobilienbranche vorangeht und Lösungsansätze findet.
Das sollte doch für junge Leute ein Ansporn sein, gerade in diese Branche zu gehen, um etwas zu bewirken. Warum ist das nicht so?
Van de Moosdijk: Ich glaube, es wird nicht offen genug kommuniziert, wie viel in dieser Branche bewegt werden kann. Viele fangen erst mal bei sich selber an und verzichten vielleicht auf Fleisch oder aufs Auto. Die Wohnungswirtschaft ist in den Köpfen gar nicht präsent. Bei mir war das übrigens genau so, bevor ich die Ausbildung begonnen habe. Da muss die Branche versuchen, die Schulen und die Eltern besser zu erreichen.
"Wenn wir zögern, wird uns das Zeit und Geld kosten"
Herr Schmidt, sehen Sie sich mit Ihren Plänen an der Spitze der Bewegung?
Schmidt: Ich habe eigentlich kein Missionierungsbedürfnis. Ich empfinde aber die berufliche Auseinandersetzung mit den Kernproblemen unserer Zeit als notwendig und selbstverständlich. Ebenso sehe ich den Studiengang „Nachhaltiges Energie- und Immobilienmanagement” als genau passendes Angebot zum richtigen Zeitpunkt. Wenn wir zögern würden, würde uns das Zeit und Geld kosten. Wir können nicht warten, bis die nötigen Fachkräfte ausgebildet worden sind und darauf hoffen, dass diese dann auch zu uns kommen. Wenn wir in unser vorhandenes Personal investieren, müssen wir nicht auf dem Arbeitsmarkt konkurrieren. Wir haben nicht so einen großen Namen, dafür bieten wir Eigenverantwortung, kurze Entscheidungswege und eine sehr gute Arbeitsatmosphäre. Dass wissen auf alle Fälle die Mitarbeiter, die schon da sind. Darüber hinaus bin ich aber auch der festen Überzeugung, dass wir mit dem Nachhaltigkeits-Kurs zukünftig attraktiv für junge Menschen sind, die etwas bewegen und konkret sehen wollen, wie sie durch ihre Arbeit den CO2-Ausstoß reduzieren.
Müsste die Immobilienbranche auf den letzten Aspekt nicht viel mehr Wert in der Außendarstellung legen?
Van de Moosdijk: Der Spagat zwischen Sanierung und bezahlbaren Mieten ist schwierig, gerade in den Ballungsräumen. Aber ich sehe große, glaubwürdige Anstrengungen bei den Unternehmen.
Schmidt: Als ehemalige gemeinnützige Wohnungsunternehmen werden wir oft in einen Topf mit anderen Immobilienunternehmen geworfen, die ein völlig anderes Geschäftsmodell verfolgen. Wer sich wirklich den Themen bezahlbare Mieten, Ökologie und soziale Verantwortung verschrieben hat, sollte das auch entsprechend herausstellen. Ich bin überzeugt, dass das auch passiert. Leider werden diese Bemühungen aus Sicht der Adressaten noch nicht in der Breite wahrgenommen. Dieses Potential müssen wir optimaler nutzen.