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"Genossenschaften bieten eine sinnstiftende Arbeit"

Azubi, Bachelor, Master - Vorstand: Jan Hische ist mit dem EBZ seinen Weg bis an die Spitze der WBG Lünen gegangen.

Seit 2007 ist Jan Hische bei der WBG Lünen. Der 37-Jährige hat dort seine Ausbildung absolviert und später an der EBZ Business School seinen Bachelor und Master gemacht. Im Februar 2023 übernahm er den Posten als Vorstand der WBG Lünen, die über 4800 Wohnungen in Lünen und weiteren Städten im Kreis Unna verfügt.

Seit Ihrer Ausbildung sind Sie bei der WBG.Was zeichnet Genossenschaften als gute Arbeitgeber aus?

Hische: Wir haben einen guten Tarifvertrag, gut ausgestattete Arbeitsplätze in gut gepflegten Gebäuden – das wäre ja sonst auch schlimm als Wohnungsunternehmen (lacht). Die Rahmenparameter stimmen einfach. Wir Genossenschaften sind gute Arbeitgeber und bieten eine sinnstiftende Arbeit.

Genossenschaften stellen ihre Mitglieder in den Mittelpunkt. Was bedeutet das konkret?

Hische: Wer bei uns Mitglied ist, ist nicht einfach nur ein Kunde, der für ein Produkt bezahlt, sondern das wichtigste Organ der Genossenschaft. Wir haben eine Vertreterversammlung, mit der wir uns ständig austauschen und die wir auch regelmäßig zu gemeinsamen Seminaren einladen, damit wir aktuelle Themen wie den Klimapfad besprechen können. Uns ist wichtig, dass die Menschen, die bei uns Mitglied sind, auch verstehen, was wir täglich machen.

Aber als Wohnungsunternehmen müssen Sie beim derzeitigen Mietmarkt vermutlich keine Angst haben, dass Ihre Kunden weglaufen.

Hische: Stimmt, auch in Lünen ist es nicht so einfach, eine andere Wohnung zu finden. Aber darauf können wir uns ja nicht ausruhen – eben weil die Mitglieder unser wichtigstes Organ sind. Wir wollen ja Zufriedenheit herstellen, können aber nicht alles auf einmal erreichen. Natürlich hätten viele gerade ein neues Bad und eine andere Heizung, aber wir können nicht alles gleichzeitig. Dafür müssen wir immer wieder Verständnis wecken.

Ist das GEG mit all den angekündigten Neuerungen eigentlich nur Fluch oder auch ein bisschen Segen, weil Ihnen der Gesetzgeber die Argumentation abgenommen hat, warum Sie bestimmte Maßnahmen eben mit Priorität durchführen müssen?

Hische: Grundsätzlich ist die Richtung ja richtig. Und wir hoffen auch, dass sich vieles zum Guten ändern wird, zum Beispiel im Bereich Mieterstrom. Damit befassen wir uns schon lange, geraten aber immer wieder in den Problembereich, dass wir da hohen gesetzlichen Anforderungen gegenüberstehen. Grundsätzlich haben wir in den vergangenen Jahren schon viel in unsere Bestände investiert, sodass uns das Gesetz nicht zu einer Kehrtwende zwingt. Aber das GEG wirft einige Pläne über den Haufen, weil es noch zu wenig Stellung dazu bezieht, wie die Klimaschutzziele sozialverträglich erreicht werden können.

Sind Genossenschaften da besser oder anders aufgestellt als andere, kapitalgetriebene Unternehmen?

Hische: Ja, das denke ich schon. Bei uns steht der Renditeaspekt nich im Fokus. Und die Genossenschaften, die ich kenne, haben auch schon mit Sanierungen begonnen, bevor die Politik die Daumenschrauben so angezogen hat. Eben weil die Mitglieder im Mittelpunkt stehen. Ein am Kapitalmarkt orientiertes Unternehmen muss schauen, dass es seine Anteilseigener befriedigt. Bei uns gehen Kundschaft und Anteilseigner zu einem großen Teil Hand in Hand. Daher haben wir keine riesigen Interessenskonflikte, zumal wir auch Aufsichtsräte haben, die in unseren Beständen wohnen.

Wie kann sich die WBG als Arbeitgeber für die dringend benötigten Fachkräfte positionieren?

Hische: Wir müssen die Botschaft transportieren und haben auch unsere Azubis ins Rennen geschickt, um für eine Ausbildung bei uns zu werben. Wir versuchen, unser Handeln relativ transparent über Social Media darzustellen, zum Beispiel um zu verdeutlichen, was wir alles tun. Aber es ist wirklich schwierig, Außenstehende für die Wohnungswirtschaft zu begeistern. Trotzdem stelle ich immer wieder fest, dass Menschen nicht wissen, was wir als Genossenschaft eigentlich machen. Man muss es immer wieder klarmachen.

Was ist für Sie ein überschaubarer Zeitraum, für den Sie aktuell planen können? Und was denken Sie, wo die WBG im Jahr 2035 steht?

Hische: Die planbaren Zeiträume haben sich deutlich verkürzt. Es kommen immer wieder neue Nachrichten über neue Gesetze. Wir werden in den nächsten zehn oder 15 Jahren mit Sicherheit energieeffizienter sein und mehr erneuerbare Energien einsetzen. Wir werden digitaler sein als jetzt. Das ist gesetzt, aber die Details, wie wir dahin kommen, sind nicht so einfach vorherzusagen.

Gleichzeitig müssen Sie die Mieten sozialverträglich halten und wollen als Unternehmen vermutlich auch noch wachsen. Wie funktioniert das?

Hische: Wir bewegen uns in einem Dreieck aus ökologischen Vorgaben, Wirtschaftlichkeit und Sozialverträglichkeit. Wir dürfen keinen dieser Punkte vernachlässigen, sind aber auch froh, dass wir viel Feedback aus der Mitgliederschaft bekommen.

 

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