Es wird behauptet, dass zu wenige Baugenehmigungen eine Ursache für zu wenige Wohnungen sein sollen. Dies soll erstens daran liegen, dass es an Bauland mangelt. Aufgrund einer verfehlten Liegenschafts- und Bodenpolitik der Städte, die auch zu wenig interkommunale Lösungen beachtet, gibt es zu wenig Bauland. Damit wird Bauland immer teurer und Bauinvestitionen zunehmend unrentabler. Der zweite Grund soll ein „Genehmigungsstau“ sein. Danach gibt es zu wenige Mitarbeiter in den Behörden, um die Baugenehmigungen für Wohnungen zu erteilen, und zu viele bürokratische Hemmnisse. Es werden bessere und schnellere Verfahren in den Gemeinden vor Ort gefordert.
Die Statistik liefert ein anderes Bild. So steigt seit Jahren der sogenannte Bauüberhang, also die Zahl der bereits ausgesprochenen, aber liegengebliebenen Baugenehmigungen. Im Jahr 2017 lag dieser deutschlandweit bei über 650.000 Einheiten und hat sich innerhalb von gut zehn Jahren nahezu verdoppelt. Auch in den 7 A-Städten stiegen seit Mitte des letzten Jahrzehnts die Baugenehmigungen deutlich stärker an als die Fertigstellungen. Der Anteil der Fertigstellungen an den Genehmigungen des jeweiligen Jahres ist in den Städten zudem deutlich geringer als im bundesdeutschen Vergleich. Rechnerisch festzuhalten ist, dass es eine Wohnungsknappheit nicht geben müsste. Wären alle erteilten Genehmigungen umgesetzt, wären mehr Wohnungen gebaut worden als es Zuwächse bei den Haushaltszahlen gegeben hätte. Somit hätte es für jeden Haushalt eine Wohnung gegeben.
Nach Prof. Vornholz sind insbesondere zwei Ursachen für die aktuell insbesondere in den Ballungsgebieten bestehende Wohnungsknappheit verantwortlich: zum einen die hohe Auslastung der Baukapazitäten. Die Bauwirtschaft erhöhte zwar ihre Kapazitäten (die Beschäftigung wuchs in diesem Jahrzehnt um über 20 Prozent) und konnte ihre Kapazitätsauslastung deutlich steigern. Diese Erhöhung reichte jedoch nicht aus, um den Bauüberhang abzubauen. Eine steigende Zahl von Baugenehmigungen würde daher vermutlich auch nicht für mehr Fertigstellungen sorgen.
Zum anderen ist eine weitere Ursache für diese Differenz die Spekulation der Grundstücksbesitzer. Für die Grundstücksbesitzer ist es rentabler, mit den mit den Grundstücken zu handeln als sie zu bebauen, da die Preise für Bauland seit 2010 mehr als 50 Prozent stärker als die Hauspreise angestiegen sind. Seit 2005 hat sich der Umsatz mit unbebauten, baureifen Grundstücken in den großen Städten sogar fast verdreifacht. Spekulanten verdienen demnach daran, dass ihr Grund und Boden nach und nach immer teurer wird. Bauland wird nicht bebaut oder zurückgehalten, um es später zu einem höheren Preis zu verkaufen.
Dr. Günter Vornholz, Prof. für Immobilienökonomie an der EBZ Business School in Bochum