Welche Auswirkungen haben Maßnahmen zur Klimaneutralität auf Arbeitswelten, Wohnquartiere und Gewerbegebiete? Diese und viele weitere Fragen will das an der EBZ Business School (FH) angesiedelte Deutsche Institut für urbane Transformation (DIUT) beantworten – nicht nur theoretisch, sondern vor allem auch praxisnah.
„Im Ruhrgebiet leben wir in einem großen Reallabor der Quartiere und sind – im Guten wie im Schlechten – ein Beispiel für urbane Transformation in der Republik“, sagt Prof. Dr. Daniel Kaltofen, Rektor der EBZ Business School und Mitgründer des DIUT. Der im Jahr 2023 erstmalig durchgeführte Fachkongress für innovative Quartiersentwicklung werde in dem Institut aufgehen und eine Art „große Vorlesung“ für Praktiker sein, so Kaltofen. Durch den Verzicht auf einen starren Rahmen in Form von Lehrplänen sei mehr Geschwindigkeit für den Transfer zwischen Wissenschaft und Praxis möglich, und die werde bei allen zukünftigen Entwicklungen entscheidend sein.
Städte schnell umbauen
Prof Dr. Torsten Bölting, Leiter des Forschungsinstituts InWIS und Co-Founder des DIUT sieht die Verankerung im Ruhrgebiet als genau richtig an. Denn seit Beginn der Industrialisierung im 19. Jahrhundert sei die Region immer wieder Transformationsprozessen ausgesetzt gewesen. „Jetzt müssen wir die Städte wieder umbauen und auf die Dekarbonisierung und den demografischen Wandel reagieren. Was früher Dekaden gedauert hat, muss jetzt allerdings schneller gehen“, so Bölting, denn: „Wir können keine Städte als Ganzes transformieren, das gelingt nur auf Ebene der Quartiere.“
Prof. Dr. Rasmus C. Beck, Geschäftsführer der Duisburg Business & Innovation, ist ehrenamtlicher Praxispartner des DIUT und die Schnittstelle zum wissenschaftlichen Beirat. Der Honorarprofessor der EBZ Business School setzt sich für die koordinierende Bündelung der Impulse aus der Praxis und der Wissenschaft am DIUT ein. „Das Institut hat sich zum Ziel gesetzt, eine unabhängige Austauschplattform für urbane Transformation und innovative Quartiersentwicklung zu schaffen, die Wissenschaft, Politik, Verwaltung sowie private und öffentliche Immobilienwirtschaft ganzheitlich zusammenbringt“, betont Beck. Um das zu gewährleisten, setzt das DIUT auf schlanke Strukturen, tiefe Vernetzung und kurze Wege. „Das DIUT ist ein virtuelles Institut, das wir flexibel und hochschulübergreifend als Plattform für Wissenschaft und Praxis weiterentwickeln werden“.
Mit Forschenden und Unternehmen außerhalb des Ruhrgebiets vernetzen
Aus diesem Grund ist der wissenschaftliche Beirat des DIUT von großer Bedeutung. Denn der Beirat ist ein Garant dafür, das Institut auch mit Forschenden und Unternehmen außerhalb des Ruhrgebiets zu verbinden: „Wir müssen im Ruhrgebiet als größte Urbanität Deutschlands ansetzen, aber auch Bielefeld und München mitdenken“, beschreibt es Bölting. Denn Fragen, wie Shoppingcenter mit Innenstädten verbunden werden könnten oder welche Nutzungskonzepte sich für leerstehende Büros finden lassen, gebe es überall. Das DIUT wird praxisnahe Fragen der Quartiersentwicklung wissenschaftlich aufgreifen und mit Akteuren im gesamten Ruhrgebiet, in NRW und in Deutschland weiterentwickeln. „Unsere Kooperationspartner sollen so dauerhaft in die Lage versetzt werden, mit dem gebündelten Wissen auch aus anderen „Reallaboren“ eigene strategische Wege in der innovativen Quartiersentwicklung zu finden“, präzisiert Bölting die Zielsetzung des DIUT.
Wie das in der Praxis aussehen könnte, beschreibt Ralf Meyer, Geschäftsführer der Bochumer Wirtschaftsentwicklung und Vorsitzender des Beirats: „Die Quartiere der Zukunft werden ganz anders aussehen müssen als wir sie heute kennen, zum Beispiel die Innenstädte: Hier brauchen wir mehr Aufenthaltsqualität, mehr Erlebnismöglichkeiten. Dafür steht in Bochum das zuletzt mit dem polis award ausgezeichnete Haus des Wissens. Es wird mit Markthalle, VHS und Bibliothek ein Ort des Wissens und der Begegnung, der auch zum Verweilen einlädt.“ Meyer freut sich auf die Arbeit im Beirat: „Die Erfahrungen im Ruhrgebiet und die langjährigen Verbindungen zu Hochschulen, Investoren, Unternehmen, Verbänden und anderen Playern nutzen wir nun, um gemeinsam in unseren Städten zukunftssichere Quartiere zu entwickeln.“
Durch das Netzwerk mit Unternehmen der Wohnungswirtschaft wie Vonovia, Vivawest und GEBAG habe das DIUT einen großen Praxisbezug. Wichtig sei es, auch aus Fehlern zu lernen: „Die urbane Vielfalt des Ruhrgebiets hilft uns dabei. Während andere häufig lange diskutieren, ziehen wir gemeinsam an einem Strang“, hält Meyer fest. Das DIUT solle Experimente befeuern und Ergebnisse kommunizieren: „Wir sollten lieber schnell kleinere Projekte umsetzen, statt lange an großen Lösungen zu arbeiten.“